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Wer darf Traumatherapie machen?

Wer darf Traumatherapie machen?

Traumatherapie ist in vieler Munde, dieser Teil der Medizin bekommt zunehmend Beachtung. Das ist sehr schön und kommt vielen Betroffenen von Trauma zu Gute, doch dabei stellt sich die Frage: Wer darf Traumatherapie machen? Also wer ist rein rechtlich dazu befugt, in Deutschland Traumatherapie anzubieten? Dieser spannenden Frage widmet sich dieser Beitrag.

Was versteht man unter Traumatherapie?

Ein Trauma als solches stellt immer ein überwältigendes Erlebnis dar, welches mit Hilflosigkeit und Gefühlen des Ausgeliefertseins einhergeht. Die Traumatherapie ist komplex. Sie widmet sich der Verarbeitung und Auseinandersetzung sowohl mit dem auslösenden Ereignis als auch mit sämtlichen damit verbundenen Symptomen. Diese können körperlicher und psychischer Natur sein und haben häufig weitreichende Folgen auf Alltag und Leben der Betroffenen. Eine häufige Diagnose ist die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS). Diese geht vordergründig mit folgenden Symptomen einher:

  • Wiedererleben (Flashbacks / Albträume)
  • allgemein hohe Erregung / starke Unruhe
  • Vermeidungsverhalten (der auslösenden Situation ähnliche Ereignisse werden gemieden)
  • Schlafstörungen, „nicht-runter-kommen-können“, Überwachheit
  • Angst / Panikattacken
  • Rückzugsverhalten / soziale Isolierung / allgmeines Desinteresse

Wer konkret Traumatherapie ausüben darf, darauf gehe ich im nächsten Abschnitt ein. Grundlegend geht es in der Traumatherapie zunächst darum, den Allgemeinzustand zu stabilisieren, indem vor allem das Gefühl von Sicherheit erarbeitet wird. Es geht weiterhin um das Fördern von Ressourcen, also das Erarbeiten von Fähigkeiten die dazu dienen, das belastende Ereignis als Teil der eigenen Vergangenheit zu verstehen und es geht darum, Möglichkeiten zu erarbeiten, die Vergangenheit neu zu bewerten. Zusätzlich geht es um Regulation im vegetativen Nervensystem. Zustände hoher Erregung oder Alarmbereitschaft erfahren in sicherer Umgebung Entspannung und Umstände von zu wenig Energie begegnet man mit einer verträglichen Form der Aktivierung. Eigenermächtigung und Selbstwirksamkeit sind wichtige Säulen in der Traumatherapie.

Es gibt mittlerweile recht viele verschiedene Traumatherapiemethoden. Deren Vorkommen allein sagt jedoch noch nichts darüber aus, wer Traumatherapie anbieten darf.

Somatic Experiencing nach Peter Levine ist zum Beispiel eine, EMDR (Eye Movement Desinzitisation and Reprocessing – also das Verarbeiten über Augenbewegungen) eine andere. Aber es gibt weit mehr. Entscheidend ist dabei immer:

Wer darf Traumatherapie machen?

Wer darf Traumatherapie machen? Diese Frage stellen sich viele Patienten auf der Suche nach einem geeigneten Therapeuten. Jeder, der die Legitimation zur Heilung, also eine Heilerlaubnis besitzt, darf in Deutschland Traumatherapie anbieten. Das sind folgende Berufsgruppen:

  • Ärzte
  • Heilpraktiker
  • Heilpraktiker beschränkt auf das Gebiet  der Psychotherapie
  • Psychologische Psychotherapeuten

zusätzlich und im Delegationsverfahren:

  • Ergotherapeuten mit Zusatz „traumaspezifische Ergotherapie“ + Verordnung vom Arzt

Alle Berufsgruppen arbeiten entweder ambulant oder im klinischen Setting.

Doch nicht jeder, der diese Berufsbezeichnung trägt, ist automatisch auch inhaltlich in Traumatherapie weitergebildet. Darüberhinaus ist der Begriff „Traumatherapie“ und auch der Begriff „Traumatherapeut“ nicht geschützt. Es lohnt sich, beziehungsweise halte ich es für zwingend erforderlich, den Werdegang des Behandlers zu hinterfragen und zu schauen, ob traumaspezifische Verfahren erlernt wurden und eine der oben im ersten Abschnitt genannten Berufsgruppen vorliegt. Dies könnten sie im Gespräch erfragen oder vorab auf der Webseite des Behandlers recherchieren.

Rein hypothetisch oder auch praktisch, könnte sich, da nicht geschützt, jeder das Wort „Traumatherapie auf das Praxisschild schreiben umso wichtiger ist es, sich genau anzuschauen, ob der gewählte Behandler die Traumatherapie tatsächlich anbieten darf. Alle Behandler unterliegen der sogennanten Sorgfaltspflicht. Diese enthält eine grundlegende Pflicht zur Weiterbildung und es dürfen nur jene Therapien angewendet werden, welche auch erlernt wurden, damit dem Patient kein Schaden durch unsachgemäße Arbeit entsteht.

Die Kostenübernahme als Entscheidungskriterium

Nachdem die Frage: Wer darf Traumatherapie anbieten? geklärt ist, steht eine Entscheidung an, wem man sich mit seinen Symptomen anvertraut.

Wenn sie ganz frisch erkrankt sind und vor allem, wenn sie selbst noch gar nicht so richtig wissen, was mit ihnen los ist, ist der Hausarzt immer die allerbeste Adresse. Als vertraute Person kann er sie sehr gut beraten, wie der weitere Therapieverlauf sein könnte. Und je nach finanziellen Mitteln beziehungsweise nach Traumakategorie kommen verschiedene Möglichkeiten der Kostenübernahme in Frage.

Den Besuch beim Hausarzt, auch beim Facharzt für Psychiatrie, beim Psychologischen Psychotherapeuten sowie der traumaspezifischen Ergotherapie werden in der Regel von gesetzlichen Krankenkassen und privaten Versicherern übernommen. Demgegenüber stehen häufig leider lange Wartezeiten.

Bei Psychotherapeuten ohne Kassensitz und auch beim Heilpraktiker gibt es meistens schnellere Termine, da diese Therapien zunächst selbst finanziert werden müssen. Außerdem dürfen diese Angebote selbst, also ohne Überweisung oder Mitsprache von anderen gewählt werden. Rechnungen können anteilig von privaten Kranken- und Krankenzusatzversicherungen erstattet werden. Die Höhe und auch die generelle Erstattbarkeit hängt von ihrem Versicherungsvertrag ab – alle Informationen dazu finden sie im Versicherungsvertrag.

Für Therapien, welche von geseztlichen Krankenkassen nicht erstattet werden (also wie eben genannt zum Beispiel beim Heilpraktiker oder Psychotherapeuten ohne Kassensitz), übernimmt unter anderem der Fond sexueller Missbrauch Kosten bis zu einer Höhe von 10.000 Euro. Dafür muss jedoch ein Antrag beim Fond gestellt werden.

Und was ist mit traumasensiblen Therapieangeboten?

In letzter Zeit tauchen immer mehr Hilfsangebote in Form von Therapie, Coaching oder auch im Bereich vom Yoga mit dem Zusatz „traumasensibel“ „traumainformiert“ oder auch „traumasensitiv“ auf. All diese Begriffe bezeichnen, dass diejenige Person sich über Trauma informiert hat. Das allein ist sehr wertvoll. Möglicherweise wurde eine traumaspezifische Weiterbildung absolviert – jedoch nach gültiger Rechtslage besitzt diese Person nicht zwingend eine Heilerlaubnis und ist somit nicht befugt, Traumatherapie durchzuführen – wohl aber zum Beispiel eine traumainformierte Yogastunde. Und genau die kann Gold wert sein.

Übrigens: Wenn sie sich leicht verständlich und im kurzen Überblick zum Thema Trauma informieren möchten, empfehle ich den Kurs: „Grundlagen von Trauma und Traumafolgestörungen“

Abschließend möchte ich nochmal zusammenfassen:

Wenn sie die Frage bewegt: Wer darf Traumatherapie anbieten? dann schauen sie immer zuerst auf den Grundberuf und danach auf die fach- und traumspezifische Qualifikation , denn es gilt eindeutig zu unterscheiden, ob ein Angebot traumainformiert und unterstützend zur eigentlichen Traumatherapie stattfindet – oder ob es ganz konkret um Traumatherapie geht. Das ist ein Unterschied, der speziell für fachfremde Personen nicht immer leicht zu erkennen ist.

Tipps zum Weiterlesen:

Mit Somatic Experiencing durch´s Trauma

Was ist Neurozeption?

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Autorin: Sandra Hintringer

 

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